Der Brief, den Harald Staun gestern in der FAZ an Natascha Kampusch geschrieben hat, ist mir ein zwar wohlformuliertes, aber viel zu pauschales Reinwaschen der Medienbemühungen, den Fall des Entführungsopfers aufzuarbeiten:
"Wir arbeiten mit den unterschiedlichsten Mitteln. Wir können weglassen und dazudichten, wir können laute Schlagzeilen titeln und feine Essays schreiben, wir zeigen Mitgefühl und Sympathie, aber auch unser Verständnis ist aufdringlich. Wir können Bedenken formulieren und uns über sie hinwegsetzen. Wir kommen als Meute oder mit einem freundlichen Lächeln. Wir bleiben zum Tee und hören zu. Wir warten geduldig, bis Sie sagen, was Sie nicht sagen wollen. Wir legen Ihnen die Worte in den Mund, die Ihnen fehlen. Wir stellen Fragen, bis Sie weinen. Und wenn wir gehen, tauschen wir die Klingelschilder aus."
Der Rest des Briefes funktioniert nach dem Motto: Wir Medien waren deine Informationsquelle während der Gefangenschaft, dann musst du es auch ertragen, dass wir dich jetzt bedrängen.
Das ist doch eigentlich ein Armutszeugnis, oder? Sollte mir die feine Satire in dieser Bestandsaufnahme entgangen sein? Ich hätte mir gerade in der Zeitung mit dem klugen Kopf dahinter eine etwas kritischere Auseinadersetzung mit dem ätzenden Boulevardjournalismus im Fall Kampusch gewünscht ...
Aber man kann - nachdem selbst das BildBlog in dieser Sache merkwürdig schweigsam ist - nicht alles haben.
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